Verstehen, unterstützen, schützen: Grundsätze für den Umgang mit Trauma

Eine Traumaerfahrung betrifft nicht nur die direkt betroffene Person – sie kann das ganze Umfeld erschüttern. In nahen Beziehungen können die Auswirkungen eines Traumas umfassende Folgen haben. Etwa eine Ohnmacht auf emotionaler Ebene, der Wunsch zu helfen, aber nicht wissen wie. Oder Veränderungen in der Beziehung. Sich plötzlich als unterstützende Person zu fühlen, deren Nähe jedoch nicht zugelassen werden kann. Eine «sekundäre Traumatisierung» kann als Folge für Angehörige resultieren: Durch die Belastungen entwickeln Angehörige selbst Symptome wie Schlafprobleme, Ängste, depressive Verstimmungen.

Das Verhalten von Angehörigen gegenüber traumatisierten Menschen ist enorm wichtig – sowohl für die Betroffenen selbst als auch für das eigene Wohlbefinden. Einige Grundsätze, die helfen können:

  • Informieren Sie sich über Trauma und Traumafolgestörungen. Das hilft, das Verhalten der betroffenen Person besser einordnen zu können
  • Traumafolgen sind keine Schwäche. Sie sind eine normale Reaktion auf extreme oder überwältigende Erfahrungen
  • Nehmen Sie die Gefühle der betroffenen Person ernst, auch wenn sie nicht nachvollziehbar sind für Sie
  • Seien Sie geduldig. Versuchen Sie, Rückzug oder Abblocken nicht persönlich zu nehmen
  • Respektieren Sie Grenzen. Drängen Sie nicht zum Reden, zwingen Sie keine Nähe auf, respektieren Sie, wenn Betroffene Orte oder Situationen meiden, die triggern
  • Verharmlosen Sie nicht. Sätze wie «jetzt ist es doch schon lange her» oder «andere haben Schlimmeres erlebt» sind nicht hilfreich
  • Fragen Sie nach, was die betroffene Person braucht. Bieten Sie an: «Ich bin da, wenn du reden möchtest», «Du bist nicht allein»
  • Sie sind eine Unterstützung, aber keine Therapie. Motivieren Sie sanft, professionelle Unterstützung zu suchen
  • Genesung und Heilung braucht Zeit – und es kann auch Rückschritte geben

Gerade durch anhaltende Belastung ist es wichtig, gut zu sich selbst zu schauen, eigene Grenzen und Bedürfnisse zu beachten. Wenn Sie längerfristig für die traumatisierte Person da sein möchten, brauchen Sie einen guten Ausgleich, eigene Freiräume und Freunde. Hilflosigkeit, Ohnmacht, Sorgen und Ängste, aber auch Wut und Ärger wegen Zurückweisung können emotionale Folgen des Traumas sein. Sie schuldig fühlen, dass man nichts tun kann oder Sie etwas nicht verhindern konnten, können ebenfalls Auswirkungen sein.

Darüber reden hilft. In Selbsthilfeangeboten, Beratungsangeboten oder an professionellen Angehörigenberatungsstellen. Warten Sie nicht, bis der Druck gross ist. Unter www.angehoerige.ch finden Sie weiterführende Hilfen.